Ringelgänse

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Die Ringelgans (Branta bernicla) gehört zu den Meergänsen (Gattung Branta). Sie ist mit einer Körperlänge von nur ungefähr 60cm sogar noch kleiner als die Zwerggans (Anser erythropus). Ringelgänse haben eine Flügelspannweite zwischen 110 und 120cm, da Körpergewicht liegt zwischen 1 und 1 ½ kg, wobei de Männchen immer etwas schwerer als die Weibchen sind. Der Schnabel, sowie die Flügel und Beine sind schwarz gefärbt. Charakteristisches Kennzeichen der Ringelgans sind der schwarze Kopf, der weiße Halsring und die matt glänzend schwarze Brust. Den Jungvögeln der Ringelgans fehlt noch dieser weiße Halsring.

Die Ringelgans kommt in 3 Unterarten vor:

Branta bernicla bernicla, die Nominatform der Ringelgans. Die Körpergrundfärbung ist ein dunkles Grau. Sie hat nur kleine weiße Bänder an den Halsseiten. Die Bauchseite ist dunkel gefärbt.

Branta bernicla hrota, die hell-bäuchige Ringelgans hat ein etwas helleres, bräunliches Gefieder und schmale weiße Halsbänder.

Branta brancta nigricans, die schwarzbäuchige Ringelgans hat ein überwiegend schwarzes Gefieder und einen breiten, weißen Halsring, der jedoch nicht vollkommen geschlossen ist.

Fortpflanzung, Brutzeit und Entwicklung

Der Polarsommer ist kurz, daher hat die Ringelgans nur wenige Monate Zeit zum Brüten. Bereits 10 Tage, nachdem sie von ihrem Rückflug aus dem Winterquartier im Laufe des Junis wieder im Brutgebiet angekommen ist, ist das Gelege mit 3 bis 6 Eiern von 7cm Länge komplett. Das Nest wird auf einem trockenen, etwa höheren Platz angelegt. Oft wird in kleinen Kolonien gebrütet.

Etwa 3 ½ Wochen lang brütet die Gans. Die ersten Küken schlüpfen Ende Juli. Kurz darauf machen sie mit ihren Eltern den ersten Ausflug ans Wasser. Kurz nachdem die Küken geschlüpft sind, verlassen die einzelnen Ringelgans-Familien die Brutkolonie und wechseln zu Quartier an Seen, Flüssen oder Flussmündungen.

Die Küken haben auf der Körperoberseite ein graubraunes Daunenkleid, Kopf, Hals und Bauchseite sind dagegen hellgrau gefärbt. Am Ende der Brutzeit beginnt die Mauser der Altvögel, dann sind sie längere Zeit flugunfähig. Danach wird die Familienbindung lockerer und die Ganter sondern sich von Gans und Jungvögeln ab, um eigene Mausergruppen zu bilden. Die Jungvögel sind bereits nach 40 Tage, nachdem sie aus dem Ei geschlüpft sind, flügge.

Die Lebensweise

Die Ringelgans zeigt von allen Wildgänsen, die bei uns überwintern, die engste Bindung an das Meer. Die Ringelgans kann gut laufen und schwimmen, aber sie taucht nicht.

Wie viele andere Wildgänse auch, leben die Ringelgänse monogam und halten ihren Partnern eine lebenslange Treue. Es sei denn einer der beiden Partner stirbt, dann verpaaren sie sich neu.

Ringelgänse sind im Gegensatz zu anderen Wildgänse nicht sehr ruffreudig. Umso erstaunlicher ist ihr umfangreiches Repertoire an Ruflauten. Meist ruft sie, wenn sie in Gruppen unterwegs und bei einem Ortswechsel. Im Flug lässt sie ein hart klingendes, kurzes „ack“ oder „ek“ ertönen. Ist die Ringelgans beunruhigt oder fühlt sich bedroht, dann gibt sie tiefes, nasales „rott, rott, rott“ von sich. Werden die Ringelgänse aggressiv, z. B. wenn sie das Nest verteidigen müssen, dann stoßen sie drohende Zischlaute aus.Untereinander halten die Ringelgänse Kontakt durch eine ständiges, leises „bi, bi, bi“.

Ernährung der Ringelgans

In ihren Brutrevieren in den Sommermonaten ernähren sich die Ringelgänse von Gräsern, Flechten und Moos. In ihren Winterquartieren frisst sie dagegen vor allem Seegras mitsamt den Wurzeln und den an diesen Wurzeln hängenden Tieren, außerdem Seetang an der Küste im flachen Wasser und weiter landeinwärts sogenannte Halophyten, das sind Pflanzen, die auf salzigen Böden wachsen können – vor allem das Andelgras, welches ausschließlich auf diesen Salzwiesen wächst. Um an das Seegras und den Seetang zu gelangen, gründelt die Ringelgans, wobei sie einen Kopfstand nach Art der Enten machen kann.

Die Ringelgänse, die an der Nordseeküste überwintern, fliegen teilweise auch ein Stück weit landeinwärts, um die Wintersaat auf den Feldern als zusätzliche Nahrung zu nutzen. Deshalb ärgerten sich die Landwirte im Küstenvorland und auf den Halligen Schleswig-Holsteins, wenn die Ringelgänse auf ihren Getreidefeldern einfielen. Allerdings werden sie inzwischen für die entstandenen Ernteverluste entschädigt.

Verbreitung, Zugverhalten und Zugziele

Die drei Unterarten der Ringelgans haben unterschiedliche Brutgebiete, die jedoch stets in Küstennähe liegen:

Die eurasische, dunkelbäuchige Ringelgans Branta bernicla bernicla brütet im Norden Sibiriens in der baumlosen Tundra zwischen dem 65. und 80. Breitengrad. Entscheidend für die Verbreitungsgrenzen ihrer Brutgebiete sind dabei die minimalen Lufttemperaturen im Sommer mit 1oC im Norden und 7oC als südliche Grenze. Sie brütet meist in kleinen Kolonien. Die Brutkolonien liegen oft in Nachbarschaften der Kolonien von Großmöwen und Raubvögeln – wohl, weil sie dort vor Nesträubern wie dem Polarfuchs weitgehend geschützt sind.

Diese im westlichen Sibirien brütenden Ringelgänse ziehen in einem schmalen Korridor als Zugroute über die Ostsee zur Nordsee. Ihre Winterquartiere reichen von der französischen Atlantik Küste und die Britischen Inseln, das Wattenmeer der Nordsee bis ins dänische Jütland.

In Deutschland kann man diese Ringelgänse regelmäßig im Wattenmeer, seltener auch in der Wismarer Bucht an der Ostsee beobachten. Im Binnenland wird man die Ringelgans dagegen nur ganz selten beobachten können.

Das Brutgebiet der schwarzbäuchigen Ringelgans Branta bernicla nigricans reicht von Ostsibirien ostwärts bis in den Nordwesten Kanadas. Diese Ringelgans überwintert im Pazifischen Raum angefangen von British Columbia (West-Kanada) und der Baja Californica Mexikos, teilweise auch an den Küsten Chinas und Japans. Sehr selten überwintert sie auch in Europa.

Die Brutreviere der hellbäuchigen Ringelgans Branta bernicla hrota verteilen sich auf den Westen Kanadas, den Norden Grönlands, Spitzbergen und Franz-Josef-Land. Die Brutkolonien liegen meist auf den der Küste vorgelagerten Inseln. Sie überwintert an der Südost-Küste Englands, kommt aber gelegentlich auch im Wattenmeer der Nordsee vor.

Auf ihren Zugrouten fliegen die Ringelgänse sehr schnell, bilden dabeu aber nicht die für andere Wildgänse typische V-förmige Flugformation. Die Wanderrouten zwischen den Brutrevieren im Sommer und den Winterquartieren sind nicht genetisch festgelegt, die Ringelgänse befolgen sie nicht instinktiv; die Jungvögel lernen sie vielmehr von ihren Eltern kennen und übernehmen sie dann.

Neben den Zugrouten zwischen Sommer- und Winterquartieren gibt es bei den Ringelgänsen auch einen Mauserzug. Dabei suchen die nicht-brütenden Ringelgänse gemeinsam Mauserplätze auf, die zum größten Teil auf der Tamyr-Halbinsel liegen. Die Mauser dauert von ungefähr Mitte Juli bis Mitte August.

In den Jahren bis 1932 wurden weite Teile der Seegrasbestände an der Nordsee durch einen Schleimpilz befallen und wurden zu einem großen Teil vernichtet. Dadurch ging auch die Zahl der an der Nordsee überwinternden Ringelgänse bis 10 bis 25% zurück. Zu diesem drastischen Rückgang der Ringelganspopulation trug aber auch die seinerzeit sehr intensiv betriebene Wasservogeljagd, sowie die Eindeichung und Trockenlegung der Überwinterungsplätze bei. Außerdem sollen Strafgefangene in den Strafkolonien Sibiriens Tausende von Ringelgänse während der Mauser, also wenn die Gänse nicht fliegen konnten, zusammengetrieben und gegessen haben, um nicht zu verhungern.

Seit den 1990-ziger Jahren wurde die Jagd auf Wildgänse in Deutschland fast vollständig eingestellt. Die Bestände der Ringelgänse haben sich dadurch wieder spürbar erholt. Sie haben auch ihre Scheu gegenüber Menschen verloren, oft kann man bis auf 50m an ihre Trupps herankommen.

Ein besonderes Highlight für Vogelliebhaber sind deshalb auch die Ringelganstage im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer auf den Halligen Schleswig-Holsteins im April/Mai. Dazu bieten die Veranstalter dieser Ringelganstage ein vielseitiges Programm beginnend auf der Hallig Hooge mit Fortsetzung auf weiteren Halligen , sowie auf den Inseln Pellworm und Amrum und auf dem Festland. Die Idee zu dieser Form der Weltnaturerbetage stammt übrigens von Vancouver Island im Westen Kanadas. Allein auf der Hallig Hooge haben sich dann bis zu 16.000 Ringelgänse versammelt. Denn auf den ausgedehnten Salzwiesen genügend Futter. Insgesamt halten sich im Frühjahr etwa 50.000 Ringelgänse auf den Halligen und den angrenzenden Wattflächen auf. Hier finden sie besonders nahrhaftes Gras, um genügend Energiereserven für den rund 5000km langen Rückflug in ihr westsibirisches Brutgebiet zu schaffen. Dazu brauchen sie ein Körpergewicht von mindestens 1,6kg. Allein um nur 200g an Gewicht zuzunehmen, müssen sie etwa 9Kg Gras fressen.

In Dänemark kann die Ringelgänse zusammen mit anderen Wildgänsen wie der Kurzschnabelgans, der Weißwangengans (bei uns besser unter dem Namen Nonnengans bekannt) und der Graugans vor allem am Ringkøbing Fjord auf den ans Meer grenzenden Wiesen in großen Scharen beobachten.

Beobachtungen

Am niedersächsischen Wattenmeer sieht man die Ringänse vor allem in den Monaten Oktober/November und zwischen März und Mai besonders häufig. Ringelgänse können sehr gut in Dornumersiel, westlich des Hafens, Neßmersiel und Hilgenriedersiel , Salzwiesenpfad Sehestedt , vereinzelt im Dollart und Rheiderland beobachtet werden. Zwischen Dezember und Februar sind etwas weniger häufig, einzelne Exemplare kann man aber auch noch von Juni bis August beobachten.

Im Gebiet des Dümmer wird die Ringelgans nur als „unregelmäßiger Gast“ eingestuft. Das mag wohl dran liegen, dass die Ringelgans eine sehr enge Bindung ans Meer hat und weniger tief als andere Wildgänse ins Hinterland vordringt.
In Niedersachsen ist die Ringelgans während des Winterhalbjahres vor allem in der Region „Unterer Niederrhein“ regelmäßig zu beobachten.

Mehr als 80% der aus dem Norden über Dänemark ans Wattemeer zeihende Ringelgänse überwintern jedoch im Deltagebiet der Niederlande.